Wir betrachten zuerst spezielle Endomorphismen des Vektorraums $V$.
Definition. Eine Streckung um den Faktor $k\in K$ ist ein Endomorphismus des Vektorraums $V$, der bezüglich einer geeigneten geordneten Basis durch eine Elementarmatrix $E_i(k)$, die sich von der Einheitsmatrix nur durch den Eintrag $k$ an der $(i,i)$-ten Stelle unterscheidet, dargestellt wird. Eine Scherung ist ein Endomorphismus des Vektorraums $V$, der bezüglich einer geeigneten geordneten Basis durch eine Elementarmatrix $E_{ij}(k)$ dargestellt wird, das ist eine Matrix, die sich von der Einheitsmatrix ${\mathbb I}_n$ einzig durch den Eintrag $k\in K$ an der Stelle $(i,j)$ mit $i\not= j$ unterscheidet.
Bei der Besprechung des Gauß-Algorithmus hatten wir als ein Korollar bemerkt:
Proposition. Jeder Endomorphismus eines endlich dimensionalen Vektorraums ist Komposition von Scherungen und Streckungen.
Diese Eigenschaft erlaubt es uns, die Determinante zu charakterisieren:
Satz. Die Determinante ist eine multiplikative Abbildung $\mathrm{end}_K(V)\to K$. Sie ordnet einer Streckung ihren Faktor zu. Die Determinant einer Scherung ist $1$. Ist umgekehrt $\chi\colon \mathrm{end}_K(V)\to K$ eine multiplikative Abbildung, die jeder Streckung ihren Faktor zuordnet, so ist $\chi=\det$.
Wir erhalten also:
Alternative Definition der Determinante. Die Determinante ist die eindeutig bestimmte multiplikative Abbildung $\mathrm{end}_K(V)\to K$, die jeder Streckung ihren Faktor zuordnet.
Beweis. Sei $f\in \mathrm{end}_K(V)$ eine Streckung, die bezüglich einer geordneten Basis $b_1,\ldots,b_n$ von $V$ durch die Elementarmatrix $E_i(k)$ beschrieben wird. Wie wir im letzten Kapitel gesehen haben, gibt es eine alternierende $n$-Form $\phi$ mit $\phi(b_1,\ldots,b_n)=1$. Dann ist
\[\det(f)=f^*\phi(b_1,\ldots,b_n)=\phi(f(b_1),\ldots,f(b_n))= \phi(b_1,\ldots,k b_i,\ldots,b_n)=k\phi(b_1\ldots,b_n)=k.\] Die vierte Gleichung benutzt die Multilinearität von $\phi$, alle anderen Gleichungen folgen aus den Definitionen. Ist $g$ eine Scherung, die bezüglich der Basis $(b_1,\ldots,b_n)$ durch die Matrix $E_{ij}(k)$ beschrieben wird, so erhalten wir, da $\phi$ alternierend ist,
\[det(g)=g^*\phi(b_1,\ldots,b_n)=\phi(\ldots,b_i+k
b_j,\ldots,b_j,\ldots)=\phi(b_1,\ldots,b_n)=1.\] Damit ist der erste Teil des Satzes bewiesen.
Sei nun $\chi:\mathrm{end}_K(V)\to K$ eine multiplikative Abbildung, die jeder Streckung ihren Faktor zuordnet. Wir zeigen zunächst, dass dann Scherungen durch $\chi$ jeweils auf $1$ abbildet werden. Die Identität ist eine Streckung mit Faktor $1$, somit gilt $\chi(id)=1$. Wegen \[E_{ij}(k)\cdot E_{ij}(-k)={\mathbb I}_n\] ist jede Scherung invertierbar. Folglich bildet $\chi$ Scherungen auf invertierbare Zahlen ab. Ist nun $g_k$ eine Scherung, die bezüglich der geordneten Basis $(b_1,\ldots,b_n)$ durch die Matrix $E_{ij}(k)$ mit $k\not=0$ dargestellt wird, so folgt aus der Identität
\[E_{ij}(k)=E_j(k^{-1})\cdot E_{ij}(1)\cdot
E_j(k),\] dass der Wert von
\[\chi(g_k)=k^{-1}\cdot\chi(g_1)\cdot k=\chi(g_1)\] unabhängig von $k\in K$ ist. Aus der Gleichung $E_{ij}(1)\cdot E_{ij}(1)=E_{ij}(2)$ schließlich erhalten wir
\[\chi(g_1)\cdot\chi(g_1)=\chi(g_2)=\chi(g_1)\] und folglich $\chi(g_1)=1$. Damit haben wir gezeigt, dass $\chi$ jede Scherung auf die $1$ abbildet. Da sich jede Abbildung als Produkt von Scherungen und Streckungen darstellen lässt, ist eine multiplikative Abbildung $\mathrm{end}_K(V)\to K$ schon vollständig bestimmt durch die Werte, die sie Scherungen und Streckungen zuordnet. Da $\chi$ für Scherungen und für Streckungen dieselben Werte annimmt wie die Determinante, müssen diese beiden Abbildungen übereinstimmen.
qed