Klassifikation endlich erzeugter Moduln

Die Klassifikation endlich erzeugter Moduln über Hauptidealringen wird beschrieben durch dem sogenannten Elementarteilersatz. Dieser folgt aus der folgenden Aussage über Matrizen mit Einträgen in einem Hauptidealring.

Satz. Ist $A\in Mat_R(m,n)$ eine Matrix mit Einträgen in einem Hauptidealring $R$, so gibt es invertierbare Matrizen $S\in Gl_R(m)$ und $T\in Gl_R(n)$ mit \[SAT=
\left(
\begin{array}{cc}
D&0\\
0&0
\end{array}
\right),
\] wobei $D=diag(d_1,d_2,\ldots,d_k)$ eine Diagonalmatrix ist, für deren Einträge gilt $(d_1)\supset (d_2)\supset \ldots \supset (d_k)$.

Beweis. Als Vorüberlegung betrachten das von den Einträgen in der Matrix $A$ erzeugte Ideal $I(A)$. Dies wird, da wir es mit einem Hauptidealring zu tun haben, von einem Element $d_1$ erzeugt. Multiplizieren wir Matrizen $A$ und $B$, so gilt offensichtlich $$I(AB)\subset I(A)\cdot I(B).$$ Multiplizieren wir von links mit einer invertierbaren Matrix $S$, so gilt $$I(A)=I(S^{-1}SA)\subset I(S^{-1})\cdot I(SA) \subset I(SA) \subset I(S)\cdot I(A) \subset I(A)$$ und folglich $I(A)=I(SA)$. Analog gilt $I(SA)=I(SAT)$, wenn wir von rechts mit einer invertierbaren Matrix multiplizieren. Insgesamt verändert sich das Ideal $I(A)=(d_1)$ nicht, wenn wir die Matrix $A$ mit invertierbaren Matrizen multiplizieren.
Eine zweite Vorüberlegung: Es reicht es, die Matrix $A$ mittels invertierbarer Matrizen $S',T'$ in die Form \[
S'AT'=\left(
\begin{array}{cc}
d_1&0\\
0&A'
\end{array}
\right)
\] zu bringen. Induktion über die Anzahl von Zeilen (oder, falls gilt $m\gt n$, Spalten) von $A'$ liefert dann die Behauptung.
Folgende Operationen in der Matrix $A$ lassen sich durch Multiplikation mit invertierbaren Matrizen von links oder rechts darstellen:

  • Multiplikation eine Zeile oder einer Spalte mit einer Einheit.
  • Vertauschen zweier Zeilen oder zweier Spalten.
  • Addition einer Vielfachen einer Zeile (oder Spalte) zu einer anderen Zeile (oder Spalte).

Ist $A$ die Null-Matrix, so ist nichts zu zeigen. Andernfalls können wir ein durch Vertauschen von Zeilen und Spalten annehmen, dass an der Stelle $(1,1)$ ein Element mit minimaler Anzahl von Primfaktoren steht. Wir nennen die neue Matrix wieder $A$ und betrachten verschiedene Fälle:

  1. Es gibt ein Element in der ersten Zeile, sagen wir $a_{12}$, so dass $(a_{11},a_{12})=(b)\not=(a_{11})$ gilt. Dann ist die Anzahl der Primfaktoren von $b$ echt kleiner als die Anzahl der Primfaktoren in $a_{11}$ und es gilt $b=s\cdot a_{11}+t\cdot a_{12}$ für geeignete $s,t\in R$. Wegen der Identität von Idealen $$(s,t)\cdot (a_{11},a_{12})=(s,t)\cdot (b)=(b)$$ gilt $(s,t)=(1)$ und folglich existieren $s',t'\in R$ mit $ss'+tt'=1$. Multiplikation von rechts mit der invertierbaren Matrix \[
    \left(
    \begin{array}{ccccc}
    s&-t'&&&\\
    t&s'&&&\\
    &&1&&\\
    &&&\ddots&\\
    &&&&1
    \end{array}
    \right)
    \] liefert eine Matrix mit dem Eintrag $b$ an der Stelle $(1,1)$. Durch wiederholtes Multiplizieren von rechts mit invertierbaren Matrizen können wir somit annehmen, dass das Element an der Stelle $(1,1)$ die anderen Elemente in der ersten Zeile teilt.
  2. Es gibt ein Element in der ersten Spalte, das nicht durch das Element an der Stelle $(1,1)$ teilbar ist. Dann können wir analog wie im ersten Fall von links mit invertierbare Matrizen multiplizieren, um an der Stelle $(1,1)$ einen Eintrag zu erhalten, der alle anderen Einträge in der ersten Spalte teilt. Wir können also ohne Einschränkung der Allgemeinheit annehmen, wir seien im dritten Fall.
  3. Falls das Element $c$ an der Stelle $(1,1)$ alle Einträge in der ersten Zeile und ersten Spalte teilt, so kann aus unserer Matrix durch elementare Zeilen- und Spaltenumformungen eine Matrix der Form \[
    \left(
    \begin{array}{cc}
    c&0\\
    0&A''
    \end{array}
    \right)
    \] gewonnen werden.

Gibt es in $A''$ einen Eintrag, der nicht durch $c$ teilbar ist, so addieren wir die entsprechende Zeile zur ersten Zeile. Wiederholen des durch die Fälle 1-3 beschriebenen Algorithmus liefert eine neue Matrix der in Fall 3 beschriebenen Gestalt mit einem Eintrag an der Stelle $(1,1)$, der nun weniger Primfaktoren enthält als $c$. Dieses Verfahren bricht ab, sobald an der Stelle $(1,1)$ ein Eintrag zu stehen kommt, für den gilt $(c)=(d_1)$. Multiplikation der ersten Zeile mit einer Einheit liefert dann die gewünschte Matrix.
qed

Zur Klassifikation brauchen wir noch einen Begriff und zwei Sätze.

Definition. Ein von einem Element erzeugter Modul heißt zyklisch.

Bemerkung. Ein zyklischer Modul $M$ ist isomorph zu $R/I$ für ein Ideal $I$. Denn ist $m\in M$ ein Erzeuger, so ist die Abbildung $$\phi:R\to M;r\mapsto rm$$ surjektiv und induziert einen Isomorphismus $R/\ker\phi\cong M$.

Satz. Untermoduln endlich erzeugter Moduln über einem Hauptidealring $R$ sind endlich erzeugt.

Beweis. Es sei $N$ ein Untermodul des endlich erzeugten Moduls $M$. Wir machen Induktion nach Anzahl $a$ der Erzeuger von $M$.
Ist $M$ von einem Element erzeugt, so ist $M$ isomorph zu $R/I$ für ein Ideal $I\subset R$. Unter diesem Isomorphismus wird $N$ identifiziert mit $J/I$ für ein weiteres Ideal $J\subset R$. Das Ideal $J$ ist endlich erzeugt, und folglich auch $N$.
Ist nun $M$ von $a$ Elementen $m_1,\ldots,m_{a}$ erzeugt, so sei $M'\subset M$ der von den Elementen $m_1,\ldots,m_{a-1}$ erzeugte Untermodul. Nach Induktionsannahme ist $N'=N\cap M'$ endlich erzeugt. Der Quotientenmodul $$N/N'\cong (N+M')/M'\subset M/M'$$ ist als Untermodul des von einem Element erzeugten Moduls $M/M'$ endlich erzeugt. Wählen wir Urbilder in $N$ von den Erzeugern von $N/N'$, so bilden diese, zusammen mit den endlich vielen Erzeugern von $N'$, ein endliches Erzeugendensystem von $N$.
qed

Satz. Untermoduln endlich erzeugter freier Moduln über einem Hauptidealring $R$ sind frei.

Beweis. Es sei $N$ ein Untermodul des endlich erzeugten freien Moduls $F\cong R^a$. Wir führen eine Induktion nach $a$ durch.
Ist $a=1$, so ist $N$ isomorph zu einem Untermodul von $R$, also einem Hauptideal $(s)$. Die Abbildung $$R\to (s);r\mapsto rs$$ ist injektiv, da $R$ nullteilerfrei ist. Somit ist das Ideal $(s)$ als $R$-Modul isomorph zu $R$, also frei.
Wir nehmen an, die Aussage sei beweisen für Untermoduln von freien Moduln vom Rang kleiner $a$ und betrachten einen Untermodul $N\subset R^a$. Es bezeichne $\pi:R^a\to R$ die Projektion auf den letzten Summanden. Der Modul $N\cap \ker\pi$ ist Untermodul eines freien Moduls vom Rang $a-1$, also frei nach Induktionsannahme. Gilt $N=N\cap \pi^{-1}(0)$, so ist nichts zu zeigen. Andernfalls ist $\pi(N)\subset R$ ein nicht-trivialer Untermodul von $R$, also frei vom Rang $1$. Es bezeichne $n_0\in N$ ein Urbild eines Erzeugers von $\pi(N)$. Die Abbildung \begin{align*}\phi:R\oplus (N\cap \ker\pi)&\to N\\ (r,n')&\mapsto rn_0+n'\end{align*} ist bijektiv: Ist $\phi(r,n')=0$, so ist insbesondere $\pi\phi(r,n')=r\pi(n_0)=0$, also $r=0$ und folglich auch $n'=0$. Damit ist $\phi$ injektiv. Ist $n\in N$ gegeben, so ist $\pi(n)$ das $r$-fache Vielfache des gewählten Erzeugers von $N$ für ein $r\in R$. Dann ist $n-rn_0\in (N\cap \ker\pi)$ und folglich $n=\phi(r,n-rn_0)$. Folglich ist $N$ isomorph zum freien Modul $R\oplus (N\cap \ker\pi)$.
qed

Die obigen drei Sätze geben in ihrer Zusammenschau den Klassifikationssatz für endlich erzeugte Moduln über einem Hauptidealring.

Elementarteiltersatz. Es sei $M$ ein endlich erzeugter Modul über einem Hauptidealring $R$. Dann ist $M$ isomorph zu einer Summe zyklischer Moduln. Es gibt eine absteigende Folge $I_1\supseteq I_2 \supseteq \ldots \supseteq I_n$ von echten Idealen in $R$ und einen Isomorphismus $$M\cong \oplus_{i=1}^nR/I_i.$$

Beweis. Wir nehmen an, die Anzahl $n$ von Elementen $m_1,\ldots,m_n$, welche $M$ erzeugen, sei minimal. Die Abbildung \begin{align*}\phi: R^n&\to M\\(r_1,\ldots,r_n)&\mapsto \sum_{i=1}^n r_im_i\end{align*} ist surjektiv. Der Kern $\ker\phi$ dieser Abbildung ist wegen der beiden obigen Sätze endlich erzeugt und frei. Nach Wahl einer Basis wird die Inklusion $\iota:\ker\phi\hookrightarrow F=R^n$ beschrieben durch eine Matrix mit Einträgen in $R$ und es gilt $M=\mathrm{coker}\iota$. Wegen des ersten Satzes, und weil $\iota$ injektiv ist, können wir Basen in $\ker\phi$ und $F$ derart finden, dass die Abbildung $\iota$ durch eine Matrix der Blockform \[\left(
\begin{array}{cc}
D&0
\end{array}
\right)
\] mit einer Diagonalmatrix $D=diag(d_1,\ldots,d_k)$ beschrieben wird, wobei $$I_1=(d_1)\supseteq I_2=(d_2)\supseteq \ldots\supseteq I_k=(d_k)$$ und $k\le n$ gilt. Diese absteigende Sequenz von Idealen lässt sich durch Nullideale zu einer absteigenden Sequenz der Länge $n$ fortsetzen. Die Matrix $D$ beschreibt $\iota$ als eine direkte Summe $$\iota=\oplus_{i=1}^n \iota_i$$ von Abbildungen $\iota_i:R\to R; r\mapsto r\cdot d_i$ für $i\leq k$ und Nullabbildungen $\iota_i:0\to R$ für $i\gt k$. Der Kokern $M$ ist folglich die direkte Summe der Kokerne der Abbildungen $\iota_i$. Da $n$ minimal gewählt wurde, muss $(d_1)\not=R$ gelten. Daraus folgt die Behauptung.
qed

Die Folge von Idealen $I_1,I_2,\ldots$ ist sogar eindeutig. Bei $I_1$ hatten wir das implizit im Beweis des ersten Satzes oben gesehen. Das Ideal $I_1$ ist das Ideal, das von den Einträgen einer die Abbildung $\iota$ beschreibenden Matrix erzeugt wird. Für die restlichen Ideale gibt es analoge Beschreibungen. Vielleicht kommen wir im Laufe des Semesters noch darauf zu sprechen: Das Ideal $I_k$ berechnet sich induktiv aus dem Ideal, das von den Determinanten aller $k\times k$-Untermatrizen einer die Abbildung $\iota$ darstellenden Matrix aufgespannt wird.

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