4.6. Adjunktion

4.6.1. Definition. Ein topologischer Raum $X$ heißt lokal kompakt, wenn jede Umgebung jedes Punktes eine kompakte Umgebung enthält.

Dies ist genau die Eigenschaft, die man für die Stetigkeit der Evaluationsabbildung braucht:

4.6.2. Proposition. Ist $X$ lokal kompakt, so ist die Auswertungsabbildung $$\mathrm{ev}_{X,Z}\colon\mathcal C(X,Z)\times X\to Z,\quad (f,x)\mapsto f(x)$$ für jeden topologischen Raum $Z$ stetig.

Beweis. Es sei $U$ eine offene Umgebung von $f(x)$. Da $f$ stetig ist und $X$ lokal kompakt, gibt es eine kompakte Umgebung $K$ von $x$ mit $f(K)\subset U$. Die Umgebung $W(K,U)\times K$ von $(f,x)$ wird unter der Auswertungsabbildung $\mathrm{ev}_{X,Z}$ nach $U$ abgebildet. Dies zeigt die Stetigkeit von $\mathrm{ev}_{X,Z}$ im Punkte $(f,x)$.
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Sei $f\colon X\times Y\to Z$ eine stetige Abbildung. Dann ist für jedes $x\in X$ die Abbildung $$f^\#(x)\colon Y\to Z,\quad y\mapsto f(x,y)$$ stetig. Insgesamt erhalten wir eine Abbildung $$f^\#\colon X\to \mathcal C(Y,Z).$$

4.6.3. Definition. Die Abbildung $f^\#$ heißt zu $f$ adjungierte Abbildung.

4.6.4. Proposition. Ist $f\colon X\times Y\to Z$ stetig, so auch die Adjungierte $f^\#\colon X\to \mathcal C(Y,Z).$

Beweis. Es reicht, Offenheit von $\left(f^\#\right)^{-1}\left(W(K,U)\right)$ für kompaktes $K\subset Y$ und offenes $U\subset Z$ nachzuweisen. Sei $f^\#(x)\in W(K,U)$ und folglich $f\left(\{x\}\times K\right)\subset U$. Zu jedem $k\in K$ existieren offene Umgebungen $V_k\subset X$ von $x$ und $V'_k\subset Y$ von $k$ mit $f(V_k\times V'_k)\subset U$. Für eine endliche Teilmenge $K_0\subset K$ gilt $K\subset \bigcup_{k\in K_0}V'_k$. Dann ist $V:=\bigcap_{k\in K_0}V_k\subset X$ eine offene Umgebung von $x$ mit $V\times K\subset f^{-1}(U)$ und folglich ist $f^\#(V)\subset W(K,U)$.
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Gemäß 4.6.4 ist die Adjunktionsabbildung $$\mathrm{ad}\colon \mathcal C(X\times Y,Z)\to \mathcal C\left(X,\mathcal C(Y,Z)\right),\quad f\mapsto f^\#$$ für alle topologischen Räume $X,Y$ und $Z$ definiert.

4.6.5. Exponentialgesetz. Ist $Y$ lokal kompakt, so ist die Adjunktion $\mathrm{ad}$ bijektiv. Sind beide Räume $X$ und $Y$ lokal kompakt, so ist $\mathrm{ad}$ ein Homöomorphismus.

Um den Satz und dessen Beweis einordnen zu können, betrachten wir die Situation zuerst von einer rein mengentheoretischen Warte. Für Mengen $A$ und $B$ bezeichne $\mathcal F(A,B)$ die Menge aller Abbildungen $f\colon A\to B$. Die Adjunktionsabbildung ist mengentheoretisch definiert und beschreibt eine Abbildung $$\mathrm{ad}\colon\mathcal F(A\times B,C)\to \mathcal F\left(A,\mathcal F(B,C)\right), \quad f\mapsto f^\#.$$ Eine Abbildung in umgekehrter Richtung $$\mathcal F\left(A,\mathcal F(B,C)\right)\to \mathcal F(A\times B,C), \quad g\mapsto g^\flat$$ kann als Komposition der beiden bekannten Abbildungen \begin{aligned}\mathcal F\left(A,\mathcal F(B,C)\right)&\to \mathcal F\left(A\times B,\mathcal F(B,C)\times B\right),& g\mapsto g\times \mathrm{id}_B\\
\mathcal F\left(A\times B,\mathcal F(B,C)\times B\right)&\to \mathcal F(A\times B,C),& h\mapsto \mathrm{ev}_{B,C}\circ h\end{aligned} definiert werden, das heißt $$g^\flat=\mathrm{ev}_{B,C}\circ\left(g\times \mathrm{id}_B\right).$$ Auf diesem mengentheoretischen Niveau ist die Adjunktionsabbildung bijektiv, denn die beiden Abbildungen sind zueinander invers $$\left(f^\#\right)^\flat=f\quad \text{ und }\quad \left(g^\flat\right)^\#=g.$$

Proposition 4.6.4 besagt, dass die Adjunktionsabbildung die Teilmenge $$\mathcal C(X\times Y, Z)\subset \mathcal F(X\times Y, Z)$$ in die Teilmenge $$\mathcal C\left(X,\mathcal C(Y,Z)\right)\subset \mathcal F\left(X,\mathcal F(Y,Z)\right)$$ abbildet. Ist die Auswertungsabbildung $\mathrm{ev}_{Y,Z}$ stetig, so ist für stetige $g\colon X\to \mathcal C(Y,Z)$ auch die Komposition $g^\flat=\mathrm{ev}_{Y,Z}\circ\left(g\times \mathrm{id}_X\right)$ stetig. Wir halten dies als allgemeines Resultat fest:

4.6.6. Bemerkung. Es seien $A,B,C$ topologische Räume und $\mathrm{ev}_{B,C}\colon \mathcal C(B,C)\times B\to C$ sei stetig.

  • Für Elemente $f\in \mathcal F\left(A\times B,C)\right)$ gilt $f\in \mathcal C(A\times B,C)\iff f^\#\in \mathcal C\left(A,\mathcal C(B,C)\right)$.
  • Für Elemente $g\in \mathcal F\left(A,\mathcal F(B,C)\right)$ gilt $g\in \mathcal C\left(A,\mathcal C(B,C)\right) \iff g^\flat\in \mathcal C(A\times B,C)$.

Beweis von 4.6.5. Ist $Y$ lokal kompakt, so ist nach 4.6.2. die Auswertungsabbildung $\mathrm{ev}_{Y,Z}$ stetig. Die Anwendung von 4.6.6 für $A=X$, $B=Y$ und $C=Z$ liefert die Bijektivität der Adjunktion $$\mathrm{ad}\colon \mathcal C(X\times Y,Z)\to \mathcal C\left(X,\mathcal C(Y,Z)\right).$$ Für den zweiten Teil verwenden wir die Identitäten $$\left(\mathrm{ad}^\flat\right)^\flat= \mathrm{ev}_{X\times Y,Z}\quad\text{ und } \left(\mathrm{ad}^{-1}\right)^\flat = \left(\mathrm{ev}_{X,\mathcal C(Y,Z)}\right)^\flat.$$ Die Räume $X$ und $X\times Y$ sind nach Voraussetzung lokal kompakt und die Evaluationsabbildungen $ \mathrm{ev}_{X\times Y,Z}$ und $\mathrm{ev}_{X,\mathcal C(Y,Z)}$ folglich stetig. Es reicht also, die behaupteten Identitäten und die Anwendbarkeit von 4.6.6 zu überprüfen.
Die lokale Kompaktheit von $X$ liefert die Stetigkeit von $\mathrm{ev}_{X,\mathcal C(Y,Z)}$ und folglich ist $$\mathrm{ad}\in \mathcal F\left(\mathcal C(X\times Y,Z),\mathcal C\left(X,\mathcal C(Y,Z)\right)\right)$$ genau dann stetig, wenn $\mathrm{ad}^\flat=\mathrm{ev}_{X,\mathcal C(Y,Z)}\circ\left(\mathrm{ad}\times\mathrm{id}_X\right)$ stetig ist. Hier wenden wir 4.6.6 an mit $A=\mathcal C(X\times Y,Z)$, $B=X$ und $C=\mathcal C(Y,Z)$.
Die lokale Kompaktheit von $Y$ liefert die Stetigkeit von $\mathrm{ev}_{Y,Z}$ und folglich ist $$\mathrm{ad}^\flat\in \mathcal F\left(\mathcal C(X\times Y,Z)\times X,\mathcal C\left(Y,Z\right)\right)$$ genau dann stetig, wenn $$\left(\mathrm{ad}^\flat\right)^\flat=\mathrm{ev}_{Y,Z}\circ\left(\mathrm{ad}^\flat\times\mathrm{id}_Y\right)= \mathrm{ev}_{X\times Y,Z}\in\mathcal F\left(\mathcal C(X\times Y)\times X\times Y,Z\right)$$ stetig ist. Hier wenden wir 4.6.6 an mit $A=\mathcal C(X\times Y,Z)\times X$, $B=Y$ und $C=Z$.
Die inverse Abbildung $\mathrm{ad}^{-1}\in \mathcal F\left(\mathcal C(X,\mathcal C(Y,Z)),\mathcal C(X\times Y,Z)\right)$ ist genau dann stetig, wenn $$\mathrm{ev}_{X\times Y,Z}\circ\left(\mathrm{ad}^{-1}\times \mathrm{id}_{X\times Y}\right)=\mathrm{ev}_{Y,Z}\circ\left(\mathrm{ev}_{X,\mathcal C(Y,Z)}\times \mathrm{id}_Y \right)$$ stetig ist. Hier wenden wir 4.6.6 an mit $A=\mathcal C\left(X,\mathcal C(Y,Z)\right)$, $B=X\times Y$ und $C=Z$.
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4.6.7. Korollar. Sind $X$ und $Y$ lokal kompakt, so ist die Kompositionsabbildung $$\mathcal C(Y,Z)\times \mathcal C(X,Y)\to \mathcal C(X,Z),\quad ((g,f)\mapsto gf$$ stetig.

Beweis. Die Kompositionsabbildung ist die Adjungierte zur Komposition der stetigen Auswertungsabbildungen, also stetig $$(\mathrm{ev})\circ (\mathrm{id}\times\mathrm{ev})\colon
\mathcal C(Y,Z)\times \mathcal C(X,Y)\times X\to \mathcal C(Y,Z)\times Y\to Z.$$qed

4.6.8. Korollar. Ist $p\colon X\to X'$ eine Quotientenabbildung und $Y$ lokal kompakt, so ist auch $p\times \mathrm{id}_Y$ eine Quotienten-Abbildung.

Beweis. Für $p\times \mathrm{id}_Y$ ist die universelle Eigenschaft einer Quotienten-Abbildung nachzuweisen: Ist $f\colon X'\times Y\to Z$ eine mengentheoretische Abbildung und $f\circ \left(p\times \mathrm{id}_Y\right)$ stetig, so ist $f$ stetig. Die Adjungierte von $f\circ\left(p\times \mathrm{id}_Y\right)$ ist $f^\#\circ p$. Diese ist nach 4.6.4 stetig. Da $p$ eine Quotienten-Abbildung ist, ist auch $f^\#$ stetig. Lokal-Kompaktheit von $Y$ liefert nach 4.6.5 die Stetigkeit von $f$.
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