2.3. Produkte

Es sei $J$ eine Indexmenge und für jedes $j\in J$ sei $Y_j$ ein topologischer Raum. Das kartesische Produkt $X=\prod_{j\in J} Y_j$ besteht aus allen $J$-Tupeln $$ \left(y_j\mid j\in J\right)$$ mit $y_j\in Y_j$. Man kann $X$ auch betrachten als Menge aller Abbildungen $x\colon J\to \bigcup_{j\in J}Y_j$ mit der zusätzlichen Eigenschaft $x(j)\in Y_j$.

2.3.1. Definition. Die Initialtopologie bezüglich der Projektionen $$\pi_k\colon \prod_{j\in J}Y_j\to Y_k\,;\quad (y_j\mid j\in J)\mapsto y_k$$ des kartesischen Produkts heißt Produkttopologie.

Die Mengen $\pi_j^{-1}\left(U_j\right) $, mit $U_j\subset Y_j$ offen, bilden eine Subbasis der Topologie. Ist $J=\{1,\ldots,n\}$ endlich, so erhalten wir die Menge $$\left\{U_1\times\ldots\times U_n\,\middle|\, U_j\subset Y_j \text{ jeweils offen für } j\le n\right\}$$ als Subbasis der Produkttopologie. Handelt es sich insbesondere um metrische Räume mit Metriken $d_1,\ldots ,d_n$, so ist die Produkttopologie die metrische Topologie zur Metrik $$d\left((y_j),(y_j')\right):=\max_{j\le n}d_j(y_j,y_j').$$

2.3.2. Universelle Eigenschaft der Produkttopologie. Die Produkttopologie auf $\prod_{j\in J} Y_j$ ist die eindeutig bestimmte Topologie, für die gilt:

  • Die Projektionen $\pi_k\colon \prod_{j\in J} Y_j\to Y_k$ sind stetig.
  • Eine Abbildung $g\colon T\to \prod_{j\in J} Y_j$ eines topologischen Raumes in das Produkt ist genau dann stetig, wenn die Kompositionen $\pi_j\circ g\colon T\to Y_j$ stetig sind für alle $j\in J$.

2.3.3. Beispiel. Ein Element $f\in\prod_{[0,1]}\mathbb R$ kann als Funktion $f\colon [0,1]\to\mathbb R$ betrachtet werden. Betrachtet man nun eine Folge $(f_n)_{n\in\mathbb N}$ solcher Elemente des Produkts, so konvergiert diese Funktionenfolge in der Produkttopologie genau dann, wenn sie punktweise konvergiert, d.h. für jedes $x\in [0,1]$ konvergiert die Folge $\left(f_n(x)\right) in \mathbb R$. Um das zu sehen, übersetzen wir den Begriff der Konvergenz einer Folge in die Sprache der topologischen Räume: Wir versehen die Menge $\mathbb N^+:=\mathbb N\sqcup \{\infty\}$ mit folgender Topologie: Jedes Element $n\in \mathbb N$ ist abgeschlossen. Umgebungen des Punktes $\infty$ enthalten jeweils alle bis auf endlich viele Elemente von $\mathbb N$. Für diese Tologie gilt:
Bemerkung. Eine Abbildung $\phi\colon\mathbb N^+\to X$ in einen topologischen Raum $X$ ist genau dann stetig, wenn die Folge $\left(\phi(n)\right)_{n\in\mathbb N}$ in $X$ gegen den Punkt $\phi(\infty)$ konvergiert. Denn das Urbild $\phi^{-1}(U)$ einer jeden Umgebung $U$ von $\phi(\infty)$ enthält eine in $\mathbb N^+$ offene Umgebung von $\infty$ und folglich alle bis auf endlich viele Elemente von $\mathbb N$.
Übersetzt in die Sprache der stetigen Abbildungen zwischen topologischen Räumen, definiert eine gegen $f$ in $\prod_{[0,1]}\mathbb R$ konvergente Folge $(f_n)$ eine stetige Abbildung $\phi\colon \mathbb N^+\to \prod_{[0,1]}\mathbb R$ mit $\phi(n)=f_n$ und $\phi(\infty)=f$. Die Stetigkeit von $\phi$ ist aber äquivalent mit der Stetigkeit der Kompositionen $\pi_x\circ\phi:\mathbb N^+\to\mathbb R$, für alle $x\in [0,1]$. Dies wiederum ist äquivalent zur Konvergenz der Folgen $\left(f_n(x)\right)$ gegen $f(x)$ für jedes $x\in[0,1] $.

2.3.4. Schwache Topologie. Es sei $\left(V,\|\,.\,\|\right)$ ein normierter Vektorraum über $\mathbb K\in \{\mathbb R,\mathbb C\}$. Das algebraische Dual $V^*=\mathrm{Hom}_\mathbb K(V,\mathbb K)$ besteht aus allen Linearformen auf $V$. Das topologische Dual ist der Unterraum $$V':=\{l\in V^*\mid l\text{ ist stetig }\}$$ der stetigen Linearformen, d.h. der Formen, für die gilt $$\|l\|_\infty:=\sup_{v\in V,\|v\|\le 1}|l(v)|\lt \infty.$$

Neben der Norm-Topologie auf $V$ betrachtet man in der Funktionalanalysis auch die sogenannte schwache Topologie auf $V$. Dies ist die Initialtopologie auf $V$ bezüglich der Linearformen $l\colon V\to \mathbb K$. Eine Folge $(v_n)$ in $V$ konvergiert also schwach gegen ein Element $v\in V$, wenn für jede stetige Linearform $l\in V'$ die Folge $\left(l(v_n)\right)$ gegen $l(v)$ konvergiert.

Eine analoge Konstruktion liefert die sogenannte schwach-$*$ Topologie, gesprochen "schwach Stern Topologie". Diese ist auf dem topologischen Dual $V'$ definiert als die Initialtopologie bezüglich der Auswertungsabbildungen $$\mathrm{ev}_v\colon V'\to \mathbb K, \quad l\mapsto l(v)$$ für alle $v\in V$. Der Satz von Banach-Alaoglu besagt, dass der Einheitsball $$B_1(0):=\{l\in V'\mid \|l\|_\infty\le 1\}\subset V'$$ im topologischen Dual kompakt in der schwach-$*$-Topologie ist.

2.3.5. Faserprodukt. Es seien $X,Y,B$ topologische Räume, $p\colon X\to B$ und $q\colon Y\to B$ stetige Abbildungen. Das Faserprodukt ist definiert als der Teilraum $$X\times_BY:=\left\{(x,y)\in X\times Y\,\middle|\, p(x)=q(y)\right\}\subset X\times Y.$$ Hier sehe wir eine iterierte Konstruktion von Initialtopologien, nämlich Unterraumtopologie und Produkttopologie. Die beiden universellen Eigenschaften arbeiten hier Hand in Hand. Das Faserprodukt kommt mit stetigen Abbildungen $\pi_X\colon X\times_BY\to X$ und $\pi_Y\colon X\times_BY\to Y$ mit $p\circ\pi_X=q\circ\pi_Y$.

2.3.6. Universelle Eigenschaft des Pullbacks. Für einen topologischen Raum $T$ seien stetige Abbildungen $g_X\colon T\to X$ und $g_Y\colon T\to Y$ gegeben mit $pg_X=qg_Y\colon T\to B$. Dann gibt es eine eindeutig bestimmte stetige Abbildung $g\colon T\to X\times_BY$, für die gilt $g_X=\pi_Xg$ und $g_Y=\pi_Yg$.

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