3.3. Integration

Es sei $R$ ein kommutativer Ring, $M$ eine orientierte Mannigfaltigkeit der Dimension $d$ und $a\in H^d_{comp}(M)$ eine Kohomologieklasse mit kompaktem Träger. Es sei $a$ repräsentiert durch einen Kozykel $$z_K\in C^d(M,M\setminus K)=\mathrm{Hom}_R(C_d(M,M\setminus K),R)$$ für ein Kompaktum $K\subset M$ und die Fundamentalklasse $\mu_K\in H_d(M,M\setminus K)$ sei repräsentiert durch einen Zykel $\zeta_K\in C_d(M,M\setminus K)$. Wir definieren das Integral vermittels der Auswertung $$\int_Ma:=z_K(\zeta_K)\in R.$$

3.3.1. Satz. Das derart beschriebene Integral ist ein wohldefinierter $R$-linearer Homomorphismus $$\int_M\colon H^d_{comp}(M)\to R,\quad a\mapsto \int_Ma.$$

Tatsächlich ist der Satz von Stokes implizit in die Konstruktion des singuläre Kokettenkomplexes, und damit der singulären Kohomologie, eingebaut: Eine Kokette $c\in C^d_{comp}(M;R)$ betrachten wir als das Analogon einer $d$-Form $f\cdot \mathrm{dvol_M}$ auf der mit einer Metrik versehenen Mannigfaltigkeit, wo $f$ eine Funktion mit kompakten Träger bezeichnet. Ist $\sigma\colon \Delta_d\to M$ ein Simplex, so lässt sich der Wert $c(\sigma)\in R$ als Resultat einer Integration einer Volumform über das Simplex $\sigma$ interpretieren. Ist $c=\delta a$ die äußere Ableitung einer $(d-1)$-Form $a$, so wird aus der Aussage des Satzes von Stokes, dass nämlich das Integral über die äußere Ableitung $\delta a$ über einen Integrationsbereich gleich dem Integral von $a$ über den Rand des Integrationsbereichs ist, die das Differential $\delta$ definierende Formel $$(\delta a)(\sigma):= a(\partial \sigma).$$

Beweis. Zu zeigen ist die Wohldefiniertheit. Ist $z_{K'}'\in C^d(M,M\setminus K')$ ein anderer Repräsentant der Kohomologieklasse $a$, so gibt es ein Kompaktum $L\supset \left(K\cup K'\right)$ so dass die Kozykel $z$ und $z'$ sich in $\ker\delta\subset C^d(M,M\setminus L)$ um einen Korand unterscheiden: $\iota_{K,L}^*z_{K}-\iota_{K',L}^*z_{K'}'=\delta b_L$ für ein $b_L\in C^{d-1}(M,M\setminus L)$. Hier bezeichnet $\iota_{K,L}\colon (M\setminus L)\to (M\setminus K)$ die Inklusionsabbildung.
Nach dem Satz 3.1.6. über die Fundamentalklasse einer orientierten Mannigfaltigkeit existiert zu jedem Kompaktum $L$ eine eindeutig bestimmte Orientierungsklasse $\mu_L\in H_d(M,M\setminus L)$. Ist $K\subset L$ ein weiters Kompaktum und ist $\mu_L$ durch einen Zykel $\zeta_L'\in \ker\partial\subset C_d(M,M\setminus L)$ repräsentiert, so ist $\zeta_K-\iota_{K,L*}\zeta_L'=\partial \xi_{K,L}$ ein Rand in $\mathrm{im}\partial\subset C_d(M,M\setminus K)$. Somit gilt $$\begin{aligned} z_K(\zeta_K)-z_{K'}'(\zeta_{K'}')&=z_K(\iota_{K,L*}\zeta_{L}'+\partial\xi_{K,L})-z_{K'}'(\iota_{K',L*}\zeta_{L}'+\partial\xi_{K',L})\\
&=(\iota_{K,L}^*z_K)(\zeta_L')+(\delta z_K)(\xi_{K,L})-(\iota_{K',L}^*z_{K'}')(\zeta_L')-(\delta z_{K'})(\xi_{K',L})\\
&=(\iota_{K,L}^*z_K)(\zeta_L')+0-(\iota_{K',L}^*z_{K'}')(\zeta_L')-0\\
&=(\delta b_L)(\zeta_L')=b_L(\partial \zeta_L')=0
\end{aligned}$$qed

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