Projektive Räume

Es bezeichne $H^*(-)$ eine gewöhnliche, multiplikative Kohomologietheorie mit Koeffizientenring $R$.

2.2.11. Satz. Der Kohomologiering des komplex projektiven Raumes ist ein gekürzter Polynomring $$H^*(\mathbb CP^n)\cong R[h]/ (h^{n+1})$$ für ein Element $h\in H^2(\mathbb CP^n)$.

Mit der Multiplikation im Kohomologiering ist hier das Cup-Produkt gemeint. Zuerst etwas Notation. Punkte im projektiven Raum $\mathbb CP^n=\{\text{ Geraden in } \mathbb C^{n+1}\}$ werden durch ihre homogene Koordninaten beschrieben. Der Punkt mit homogenen Koordinaten $[z_0:\ldots:z_n]$ beschreibt die Gerade $$L=\{(\lambda z_0,\ldots,\lambda z_n)\subset \mathbb C^{n+1}\mid \lambda\in \mathbb C\}.$$ Für $0\le k\le n$ bezeichne $H_k$ die Hyperebene $H_k:=\{[z_0:\ldots:z_n]\mid z_k=0\}.$ Die $n$ Hyperebenen $H_1,\ldots, H_n$ schneiden sich im Punkt $$P_0=\{[1:0:\ldots:0]\}=\cap_{k=1}^n H_k \subset \mathbb CP^n\setminus H_0$$ im Komplement der nullten Hyperebene. Unter der Identifikation $$\psi\colon \mathbb CP^n\setminus H_0\to \mathbb C^n,
\quad [z_0:\cdots:z_n]\mapsto \left(\frac{z_1}{z_0},\ldots,\frac{z_n}{z_0}\right)$$ wird der Unterraum $H_k\setminus H_0$ identifiziert mit der Hyperebene $$\widetilde{H}_k:=\{(x_1,\ldots,x_n)\mid x_k=0\}\subset \mathbb C^n.$$

Die Inklusionen $$\mathbb C^{k+1}=\mathbb C^{k+1}\times 0\subset \mathbb C^{k+1}\times \mathbb C^{n-k}=\mathbb C^{n+1}$$induzieren eine CW-Struktur $\mathbb CP^0\subset \mathbb CP^1\subset\cdots\subset \mathbb CP^n$ mit offenen Zellen $\mathbb CP^k\setminus \mathbb CP^{k-1}$ der Dimension $2k$. Nach 2.1.7. liefert eine solche Zelle jeweils einen Erzeuger von $H^{2k}(\mathbb CP^n)\cong R\cdot \left[\mathbb CP^k\right]_n$. Die Inklusionen $j\colon \mathbb CP^k\subset \mathbb CP^n$ bilden diese Erzeuger aufeinander ab $$j^* \left(\left[\mathbb CP^k\right]_n\right)=\left[\mathbb CP^k\right]_k\in H^{2k}(\mathbb CP^k)\cong H^{2k}(\mathbb CP^k,\mathbb CP^{k-1}) .$$ Die charakteristische Abbildung der $2k$-Zelle $D^{2k}\to\mathbb CP^k$ liefert schließlich den Isomorphismus $$H^{2k}(\mathbb CP^k,\mathbb CP^{k-1})\cong H^{2k}\left(D^{2k},S^{2k-1}\right)\cong R.$$

Für einen linearen Unterraum $V\subset \mathbb C^{n+1}$ bezeichne $P(V)\subset \mathbb CP^n$ den projektiven Unterraum der in $V$ enthaltenen Geraden. Die wegzusammenhängende Automorphismengruppe $Gl(n+1,\mathbb C)$ operiert transitiv auf den linearen Unterräumen einer gegebenen Dimension. Insbesondere sind alle linearen Inklusionen $\mathbb CP^k\subset \mathbb CP^n$ komplex $k$-dimensionaler Unterräume homotop zueinander.

Beweis von 2.2.11. Der erste Isomorphismus im Diagramm von Isomorphismen $$ \begin{matrix}
H^2(\mathbb CP^n)&\xleftarrow{\cong}& H^2(\mathbb CP^n, \mathbb CP^n\setminus H_k) &
\xrightarrow{\iota_k^*} &H^2\left(\mathbb CP^n\setminus H_0,\mathbb CP^n\setminus (H_0\cup H_k)\right)\\
&&{\scriptstyle{\alpha_k^*}}\downarrow\phantom{\scriptstyle{\cong}}&&{\scriptstyle{\psi^*}}\uparrow\phantom{\scriptstyle{\cong}}\\
H^2\left((I,\partial I)^2\right) &\xleftarrow{\cong}& H^2(\mathbb C,\mathbb C\setminus 0)&\xrightarrow{\pi_k^*}& H^2(\mathbb C^n,\mathbb C^n\setminus \widetilde{H}_k)\end{matrix}$$ ist von einer Inklusion induziert. Man beachte, dass $\mathbb CP^n\setminus H_k$ als offene $2n$-Zelle kontraktibel ist. Die Projektion auf den $k$-ten Faktor liefert die Homotopie-Äquivalenz $$\pi_k\colon (\mathbb C^n,\mathbb C^n\setminus \widetilde{H}_k)\to (\mathbb C,\mathbb C\setminus 0).$$ Die über $\left(\mathbb CP^n\setminus H_0,\mathbb CP^n\setminus (H_0\cup H_k)\right)$ faktorisierende Abbildung $$\alpha_k\colon (\mathbb C,\mathbb C\setminus 0)\to (\mathbb CP^n, \mathbb CP^n\setminus H_k),\quad \lambda\mapsto [1:0:\cdots:0:\lambda:0\cdots:0],$$ die $\lambda $ an die $k$-te Stelle setzt, beschreibt die Inklusion einer $2$-Zelle. Folglich ist $\alpha_k^*$ ein Isomorphismus. Gleichzeitig ist $\alpha_k$ jedoch auch rechtsinvers zu $\pi_k\circ \psi$. Folglich ist die von der Inklusion induzierte Abbildung $\iota_k^*$ ebenfalls ein Isomorphismus. Zuletzt benutzen wir die Identifikation des am Nullpunkt in $\mathbb C$ zentrierten, achsenparallelen Einheitsquadrats mit $I^2$ um das Element $$e^2=e^1\times e^1\in H^2\left((I,\partial I)^2\right)$$ über die Isomorphismen des obigen Diagramms mit jeweils einem Element in den auftretenden Kohomologien zu identifizieren. Der Einfachheit halber bezeichnen wir alle derart erhaltenen Elemente in der oberen Reihe des Diagramms mit dem Namen $h$, in der unteren Reihe mit $e^2$.
Das $n$-fache Kreuzprodukt $h^{\times n}$ wird durch $\left(\sqcap_{k=1}^n(\iota_k\circ\psi^{-1})\right)^*$ auf das Element $$\left(\sqcap_{k=1}^n\pi_k\right)^*(e^2)^{\times n}\in H^{2n}\left(\sqcap_{k=1}^n(\mathbb C^n,\mathbb C^n\setminus \widetilde{H}_k)\right)$$ abgebildet. Bezeichnet nun $\Delta_X\colon X\to X^n$ die diagonale Abbildung, so gilt $h^n =\Delta_{\mathbb CP^n}^*\left(h^{\times n}\right)$. Wegen $$\left(\sqcap_{k=1}^n\pi_k\right)\circ \Delta_{\mathbb C^n}=\mathrm{id}\colon (\mathbb C^n,\mathbb C^n\setminus 0)\to (\mathbb C,\mathbb C\setminus 0)^n= (\mathbb C^n,\mathbb C^n\setminus 0)$$ wird das Element $h^n$ aufgrund der Natürlichkeit also durch $(\psi^{-1})^*$ auf den Erzeuger $$e^{2n}=(e^2)^{\times n}=\Delta_{\mathbb C^n}^*\left(\sqcap_{k=1}^n\pi_k\right)^*(e^2)^{\times n}\in H^{2n}(\mathbb C^n,\mathbb C^n\setminus 0)$$ abgebildet.
qed

2.2.12. Bemerkung. Mit analogen Argumenten beweist man:

  • Der Kohomologiering des quaternional projektiven Raumes ist ein gekürzter Polynomring $$H^*(\mathbb HP^n)\cong R[h]/ (h^{n+1})$$ für ein Element $h\in H^4(\mathbb HP^n)$.
  • Ist $R=\mathbb F_2$, so ist der Kohomologiering des reell projektiven Raumes ein gekürzter Polynomring $$H^*(\mathbb RP^n)\cong R[h]/ (h^{n+1})$$ für ein Element $h\in H^1(\mathbb RP^n)$.

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